Hundepfoten – ein kleines Wunder

Pfote von obenDie Pfoten des Hundes sind unglaublich flexibel und trotzdem so robust, dass sie heissem Asphalt genauso standhalten wie gefrorenem Boden, und gleichzeitig so empfindlich, dass sie nicht nur kleinste Temperaturschwankungen wahrnehmen, sondern dem Hund auch im Bruchteil einer Sekunde melden, wenn er auf etwas Spitzes oder Scharfes tritt, sodass er sich fast nie verletzt.

Pfote_untenAnatomisch sind Pfoten ähnlich aufgebaut wie menschliche Hände: Vier durch Hautlappen miteinander verbundene Zehen tragen das Gewicht, der fünfte Zeh (unser Daumen) sitzt ein wenig höher am Vorderlauf. Ob er eine Funktion hat oder nur ein verkümmertes Anhängsel ist, darüber streiten Tierschützer und Hundezüchter seit Jahren. Tatsächlich ist dieser Daumenzeh durch schmerzempfindliches Gewebe, Knochen und ein funktionierendes Gelenk mit dem Lauf verbunden. Wie jeder andere der vier Zehen hat auch er einen Ballen.

BallenDie haben es in sich: Die Haut, die sie schützt, ist mit rund 1800 Mikrometer etwa 50-mal dicker als die restliche Haut am Hundekörper. Um die Stossdämpferwirkung des darunterliegenden Fettgewebes nur annähernd zu imitieren, geben die Sportschuhhersteller jährlich viele Millionen an Forschungsgeldern für neue Kunststoffe aus.

Die Pfoten des Hundes: beschleunigen und bremsen
Gedämpft werden muss, denn wenn ein Hund über die Wiese fetzt, ist die Belastung gross: Durchschnittlich sechzig Prozent ihres Körpergewichts tragen Hunde mit den Vorderpfoten, die deshalb auch immer etwas grösser sind als die Hinterpfoten.

Beginnt der Hund zu traben, kommen Beschleunigungskräfte hinzu. Die Belastung jeder Pfote steigt auf ungefähr das Körpergewicht des Hundes. Fällt er in den Galopp, ist es sogar das Doppelte. Das Bein eines nur zwei, drei Kilo schweren Chihuahuas trägt dann locker das Gewicht eines Dackels, ein 13 Kilo schwerer Cockerspaniel die Masse einen grossen Jagdhunds, und bei einer bis 75 Kilogramm schweren Dogge ist es, als sässen ihr Herrchen und Frauchen gleichzeitig im Nacken.

Richtig heftig wird es, wenn die Tiere sich in die Kurve legen. Dann nämlich kommen zu den Beschleunigungskräften noch Vertikalkräfte hinzu. Und die zerren mit enormer Kraft an den Pfoten, weil Hunde – anders als wir Menschen – in der Kurve keine Geschwindigkeit verlieren. Spätestens beim Stopp zeigt sich, wie schlau Mutter Natur die Pfoten konstruiert hat.

Mit dem Mehrfachen des Hundegewichts werden die Zehen auf den Boden gedrückt, wobei sie sich an der Spitze spreizen und so ihre Fläche vergrößern, ein Prinzip, das von Reifenherstellern durch aufwendige Gummimischungen nachgeahmt wurde.

Die Pfoten des Hundes: robust und ausdauernd
Die Gelenke nehmen solche Belastungen auf Dauer übel, die Pfoten des Hundes nicht. Sie sind wie eine Glühbirne, die nie durchbrennt, oder eine Schuhsohle, die sich nicht durchläuft: absolut verschleissfrei. Natürlich sehen Ärzte manchmal aufgescheuerte Pfoten, durch normales Laufen aber sind die nie entstanden. „In der Regel steht hinter solchen Verletzungen eine für den Hund unnatürliche Situation wie zum Beispiel eine panikartige Flucht über Asphalt, bei der unnatürlich viel Druck auf die Pfote kommt“, erklärt Dr. Andreas Engelke, Facharzt für Kleintierkunde in Quickborn. Scherben, Eiskristalle oder scharfkantige Kiesel können den Ballen aufschneiden. „Wund laufen“, weiss der Experte, „können sich Hunde unter normalen Alltagsbedingungen aber nicht.“

Wie viel „Know-how“ im Aufbau von Pfoten steckt, erfahren die Wissenschaftler erst nach und nach. In einer Studie über den Bewegungsablauf von Hunden, die am Institut für spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie in Jena durchgeführt wurde, kam heraus, warum auch untrainierte Hunde locker mehrere Kilometer neben einem Fahrrad herlaufen können. Der Grund: Hunde verbrauchen dank ihrer Pfoten beim Laufen kaum Energie. „Beim Auftreten werden die Gelenke gestaucht und die Muskeln und Sehnen gedehnt“, erklärt der Studienleiter, Professor Martin Fischer. Beim sogenannten Abfussen, also dem Abstemmen der Pfote vom Boden, wird die durch Dehnung im Körper gespeicherte Energie freigesetzt: Muskeln und Sehnen schnellen dann wie eine Feder zurück.

Wenn Sie sich schon einmal gefragt haben, warum Ihr Hund im Trab leicht nach vorn geduckt läuft, kommt hier die Antwort: Er nutzt die Schwerkraft. „Durch die über seinen Bewegungsapparat zurückgewonnene Energie in Verbindung mit dem nach vorne verlagerten Schwerpunkt laufen Hunden im Trab fast von allein“, erklärt Professor Fischer. Ein Beispiel, welche Leistungen dadurch möglich sind: Beim Iditarod, dem mit mehr als 1.800 Kilometer Strecke längsten Schlittenhunderennen der Welt von Anchorage in Alaska in die Stadt Nome, laufen die schnellsten Gespanne nach etwa neun Tagen durchs Ziel. Das sind zweihundert Kilometer am Tag. Jeden Tag! So eine Leistung schafft kein anderes Tier auf der Welt.

Dabei sind die Pfoten so unglaublich empfindlich. Kitzeln Sie Ihren Hund mal an den Zehen, der zieht sofort weg. Die rauen, grau-schwarzen, verhornten, irgendwie unförmigen und stabilen Fettpolster stecken voller Rezeptoren. Sie erkennen Temperaturveränderungen, Berührung, Vibration und Schmerz. Forscher vermuten überdies, dass aus den Sohlenballen beim Scharren Duftstoffe herausgedrückt werden, durch die der Hund eine Ich-war-hier-Nachricht hinterlässt und sie so manches Mal über hoch fliegende Erdpartikel in die Gegen schleudert.

Die Pfoten des Hundes: Schutz im Winter?
In der Dezember-Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift „Veterinary Dermatology“ wurde Ende vergangenen Jahres übrigens eines der grossen Alltagsgeheimnisse der Hundepfote gelüftet. Japanische Forscher der Yamazaki Gakuen University in Tokyo hatten gefragt, wie es möglich sei, dass Hunde sich im Winter mit einem dichten Fell gegen die Kälte schützen müssen, aber auch bei strengen Minustemperaturen stundenlang im Schnee stehen könne, ohne kalte Füsse zu bekommen. Von Freunden und Bekannten borgten sie sich Hunde aus, legten deren Pfoten unter ein Elektronenmikroskop und stellten fest, dass Hunde es im Winter wie die Pinguine machen: Die Blutkreisläufe, die bei allen Säugetieren getrennt verlaufen, die arteriellen (sauerstoffreiches Blut wird vom Herzen wegtransportiert) und venösen (sauerstoffarmes Blut fliesst zum Herzen hin), bilden in der Hundepfote ein engmaschiges Netz, das dafür sorgt, dass alle Blutgefäße in den Pfoten immer auf Körpertemperatur gehalten werden. Bei Menschen war Mutter Natur nicht so findig. Uns hat sie allerdings ein Gehirn mitgegeben, durch das wir irgendwann einen guten Winterstiefel erfinden konnten.

Einzig beachtet werden sollte, wenn der Hund viel auf Strassen laufen muss, wo Schnee und Eis mittels Salz entfernt wird, dass die Pfoten und Fussballen sich dagegen nicht wehren können. Ihnen wird Feuchtigkeit entzogen, sie werden trocken und rissig. Es ist nicht notwendig, dem Hund ‚Schuhe‘ anzuziehen, aber vor dem Spaziergang etwas Melkfett oder Hirschtalg eingerieben hält das schädliche Salz draussen und schränkt die Funktion der Ballen nicht ein.

Die Hundepfoten beherbergen ausserdem die einzigen Schweissdrüsen, die der Hund hat. Im Sommer hinterlässt er an besonders heissen Tagen feuchte Abdrücke auf dem Boden. Wer einmal daran schnüffelt, erlebt vielleicht eine olfaktorische Überraschung: Von angenehm nussig bis hin zu Käsefuss ist alles möglich.

 

Quelle:  dogs-magazin.de/wissen/die-pfoten-des-hundes-86871.html